„Obwohl die Muttersprache meiner Mutter Deutsch war, kann ich kein Wort Deutsch.“

Mit diesen Worten begann der Vortrag von Edith Margalit-Hecht am Montag, den 21.3.2011, vor einigen Re­ligionskursen der Eingangsstufe. Die Tochter von Überlebenden des Holocaust war auf Initi­ative von Herrn Schmitt zu Gast in der Ursulinenschule, um zu den Schülern über die Ge­schichte der Familie ihrer Mutter  Wilhelmine Waißbaum zu sprechen, die nach den Erlebnis­sen als Opfer der Nazis ihre deutsche Muttersprache, die Sprache der Täter, nicht mehr be­nutzen wollte.

Sie nahm ihre Zuhörer mit auf die Spurensuche nach ihren Großeltern, den Eltern ihrer 1923 in Norddeutschland geborenen Mutter.

Anders als die meisten ihrer Zuhörer hat Frau Margalit–Hecht ihre Großeltern nie kennenge­lernt, denn sie wurden 1944 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ermordet.

Anders als die meisten Mütter der Zuhörer sprach die Mutter von Frau Margalit-Hecht nie von ihren Eltern, also den Großeltern der Referentin, weil sie den Schmerz über das erlittene Schicksal nicht ertra­gen hätte und mit dem Erinnern der Schmerz unerträglich geworden wäre.

So begab sich Frau Margalit-Hecht erst nach dem Tod der Mutter im Jahr 2003 auf die Reise in die Vergangenheit, an der sie die Schüler teilhaben ließ.

Der Vortrag in Ivrit, übersetzt von Frau Tal-Rüttger, ließ die Geschichte der Eltern und Groß­eltern lebendig werden.

Mit Hilfe von abenteuerlich geretteten Bildern aus dem Familienalbum konnten die Schüler die Lebensstationen verfolgen von den Anfängen der Großeltern als gutbürgerliche Besitzer eines Handwerksbetriebs in Norddeutschland, eine glückliche Familie mit zwei Töchtern, über die Station Holland mit der Hoffnung auf ein sicheres Leben außerhalb Nazideutsch­lands bis zum Leben im Untergrund ab Sommer 1942, wo die inzwischen fünfköpfige Familie jeder in einem eigenen Versteck zu überleben hoffte. Eine Denunziation führte im Januar 1944 zur Verhaftung der Großeltern, die aber trotz Folter nicht preisgaben, wo ihre drei Kinder versteckt waren. Die Kinder, eines von ihnen war die Mutter der Referentin, überlebten die Verfolgung in Verstecken und begannen nach Kriegsende ein neues Leben in Israel.

Zwölf dort geborene Enkel konnten ihre Großeltern nicht kennenlernen, die durch ihr Schweigen ihre Kinder gerettet hatten.

Der bewegende Vortrag endete mit dem Satz: „Mit ihrem Tod haben sie uns das Leben vermacht.“

Jiddische Lieder, vorgetragen von Frau Tal-Rüttgers und  begleitet von Stefan Schmitt am Klavier, vermittelten auf eigene Weise die Wehmut über vergangenes, nie wiedergutzuma­chendes Unrecht.

verfasser: Gisela Schneidewind