Du weißt es nicht? Und was ist mit dir? Weißt du es etwa? Mehr Menschen als wir zu vermuten glauben, erahnen eine Antwort auf diese Frage. Es sind so viele, die wissen, wie Türen klingen, die für immer verschlossen bleiben. Zu viele.

Was ist mit dir? Fühlst du dich manchmal einsam?

Diskriminierung, Ausgrenzung, Psychoterror – das alles sind nur Umschreibungen für ein Phänomen, das mitten unter uns ist. Aber wir sehen allzu gerne weg. Geübt darin sind wir, ergaben sich doch genügend Fälle, an denen das Wegsehen erlernt werden konnte. Wir haben schnell gelernt. Bei uns? So etwas? Unwahrscheinlich. Winnenden ist eben nicht Fritzlar. Natürlich ist es das nicht. Und natürlich hat niemand jemals irgendjemanden gemobbt. Und wer hat sich solidarisch gezeigt? Wer hat sich seiner angenommen? Niemand? Niemand! Wegsehen, nicht hingucken. Wo endet dein Interessenradius? Kurz hinter dem Brett vor deinem Kopf? Hauptsache wir können via Web 2.0 mit der freundlichen Unterstützung der BILD-Zeitung das Szenario nachspielen. Wer weiß, was sich in den Köpfen der anderen Menschen abspielt? Blind sind wir geworden. Wie blind?

Wie blind sind wir geworden, dass wir es nicht mehr vermögen zu erkennen, wo Menschen ausgegrenzt werden? Wo haben wir uns hinmanövriert, dass wir es nicht verhindern, dass Menschen sich und andere töten? Wo ist die Menschlichkeit, wenn Personalabteilungen nur noch dazu da sind, Human Resources zu generieren? Wo ist sie, die Menschlichkeit? Wie blind sind wir?

Die moderne Zeit, sie schreit nach Massenkonformität, Anpassung, Deindividualisierung, aber bitte mit eigener Note, denn du musst ja aus der angepassten Masse herausstechen, jedenfalls wenn du besser sein willst, als der Inder, der dir sonst den Rang abläuft. Wie viel Individualität gestehst du anderen zu? Bist du besser als der Inder?

Jesus hat Blinde wieder sehend gemacht – Ein Grund zur Hoffnung. Es liegt an uns sie zu ergreifen. Seien unsere Augen und unsere Herzen offen, um der Pein der Ausgrenzung mit der Wohltat des Zusammenhalts zu begegnen.

Und all den Gefallenen, die den Absprung zum Puls der Zeit nicht geschafft haben, sei gesagt: „Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. / Und sieh dir andere an: Es ist in allen. / Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen / unendlich sanft in seinen Händen hält.“ Das wusste schon Rilke, aber Rilke zählt heute ja nicht mehr, wenn du dabei sein willst.

Wo ist die Menschlichkeit?

Wo das Sehen?

Wo bist du?