Schon mehrmals habe ich für myXPress Artikel über Theateraufführungen an unserer Schule verfasst. Am Donnerstag letzter Woche saß ich nicht wie gewöhnlich im Publikum, sondern befand mich auf der anderen Seite des Vorhangs, als mitwirkende Schauspielerin. Es ist schwer, objektiv über das eigene Stück zu schreiben. Etwas zu beurteilen, an dem man aktiv mitgearbeitet hat, ein Projekt, in das eigene Ideen eingeflossen sind. Im Herbst letzten Jahres begaben wir, der Darstellendes Spiel Kurs der Jahrgangsstufe Q2, uns auf die Suche nach einem geeigneten Stoff für unser Stück. Unsere Ansprüche waren hoch; wir wollten ein Stück mit einer Aussage, nicht zu lang, wenn möglich mit einem aktuellen Thema. Etwas, das uns interessiert. Unsere Wahl fiel auf einen Klassiker. Jean Paul Sartre’s »huis clos«, zu Deutsch: „Geschlossene Gesellschaft“. Der Titel ist etwas irreführend, denn eigentlich geht es in dem Stück nicht wirklich um eine Gesellschaft, sondern um drei Personen. Drei Personen, allein in der Hölle. Allerdings ist die Hölle nicht so, wie man sich vielleicht vorstellt. Es gibt keinen Teufel, kein Feuer, keine Folter. Es gibt nur die zwei anderen Personen. Sartre ging es in seinem Stück darum, zu zeigen, welche fatalen Folgen es haben kann, wenn wir zu viel Wert auf die Meinung unserer Mitmenschen legen. Im Nachwort schreibt er: „Die Hölle, das sind die anderen“. In „Geschlossene Gesellschaft“ geht es um Macht. Die Macht, die wir erhalten, wenn andere von uns abhängig sind. Sartre stellte dies dar, indem er drei ambivalente Charaktere schuf. Garcin, der Macho, kann nicht ertragen, dass andere in ihm einen Feigling sehen. Estelle identifiziert sich darüber, dass Männer sie begehren und Inés möchte andere beherrschen. Alle drei sind von jeweils einer Person abhängig, während sie Macht über jemand anderen haben.

Man kann sagen, dass es sich bei Sartres Werk um keinen ‚leichten Stoff‘ handelt. Für uns hieß das viel Arbeit. Wir kürzten die Texte und Szenen drastisch, entwickelten ein Konzept, um mit mehr als 20 Schülern drei Personen darzustellen und erstellten schließlich Szenen, die die uns wichtigen Aussagen wiedergaben. Währenddessen mussten wir uns immer wieder selbst davon überzeugen, dass es sich bei dem von uns erarbeiteten Stück nicht um totalen Schwachsinn handelte. Der gesamte Kurs investierte viel Zeit; was für eine Blamage wäre es gewesen, wenn dabei lediglich ein klägliches, schlechtes Ergebnis herausgekommen wäre?

Am 14. Juni war es dann so weit. Unsere erste Vorstellung würde vor unserem Jahrgang stattfinden. Alle waren aufgeregt, Jeder war gespannt darauf, wie das Stück ankommen würde. Doch nach fünf Minuten auf der Bühne hatte man all das vergessen. Das Scheinwerferlicht blendete ohnehin so sehr, dass man im Publikum kaum jemanden erkennen konnte. Innerhalb kürzester Zeit war alles vorbei und unsere Mitschüler applaudierten.

Es ist ein merkwürdiges Gefühl, so lange auf etwas zuzuarbeiten und dann festzustellen, dass plötzlich alles vorbei ist. Doch das positive Feedback zeigte uns, dass sich die Arbeit gelohnt hatte. Nächstes Jahr werden wir keine Zeit haben, um ein Stück zu erarbeiten und aufzuführen. Das Spielen wird uns fehlen.