Es ist der 29. August. Um 17.40 Uhr kommen wir zusammen auf dem Domplatz an. Schon jetzt sind es über 1000 Menschen, die sich vor dem Dom zu Füßen des Bonifatius versammelt haben. Um 18.00 Uhr betritt der Moderator eines Automagazins von Kabel 1 die Bühne. Für eine viertel Stunde tritt die Band „Noble Composition“ auf. Anschließend werden die Kandidaten Bernd Siebert (Bundestagsabgeordneter, CDU), Mark Weinmeister (Staatssekretär im hessischen Ministerium für Umwelt, CDU) und Eva Kühne-Hörmann (hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, CDU) vorgestellt. Nacheinander halten die Kandidaten für die Bundes- und Landtagswahl ihre Reden. Danach tritt die Band erneut auf.

Um kurz vor 19.00 Uhr hebt sich die Stimmung. Es werden immer mehr Menschen, die sich rund um die Bühne versammeln. Mit Spannung wird die Bundeskanzlerin erwartet, die mit schon bereit liegenden Schildern, auf denen „Angie“ steht, begrüßt werden soll. Um 19.12 Uhr geht ein Getöse durch die Menge. Angela Merkel und Volker Bouffier sind auf dem Domplatz angekommen. Merkel und Bouffier drängeln sich – umringt von Bodyguards – durch die Menge in Richtung Bühne, wo sie Siebert herzlich begrüßt.

Der Ministerpräsident und die Bundeskanzlerin betreten die Bühne – ein wahnsinniges Getöse geht durch die knapp 5000 Menschen. Merkel und Bouffier, der von seiner Frau begleitet wird, Siebert und der Moderator versammeln sich um den Tisch auf der Bühne. Es folgen Fragen, wie es im Wahlkampf läuft, wie schön Fritzlar ist und gegenseitiges Lob der Politiker. Nach einiger Zeit geht Bouffier ans Rednerpult. Er sagt, dass Nordhessen – im Vergleich zu Südhessen – wirtschaftlich aufgeholt habe, was sich sowohl an der Arbeitslosenquote als auch an der besseren Infrastruktur festmachen lasse. Zudem lobt er die Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher für ihre großartige Arbeit in den letzten vier Jahren. Er berichtet davon, dass 1000 neue Lehrerinnen und Lehrer in Hessen eingestellt wurden. Außerdem meint er, dass es nur wegen der guten Schule und Bildung auch eine gute Politik gibt. Er gibt deutlich zu verstehen, dass es durch einen Kurswechsel mit SPD und Grüne keine so erfreulichen Zahlen und Fakten gäbe, wie sie mit der CDU möglich sind. SPD und Grüne seien ein Weg ins Ungewisse – das würde es mit der CDU nicht geben, meint er. Es sei die Entscheidung jedes Einzelnen, wie er oder sie sich für Hessen entscheidet.

Er spricht auch den Länderfinanzausgleich an und zitiert Horst Seehofer, den bayerischen Ministerpräsidenten: „Wir sind solidarisch aber nicht blöd.“ Damit ist gemeint, dass die Geberländer (Hessen, Bayern und Baden-Württemberg) Geld an die anderen 13 Bundesländer geben, aber selber sich Sachen nicht leisten können. Er behauptet, dass SPD und Grüne den Kurs des Geldabgebens beibehalten wollten, obwohl man es selber brauche. Darum sollte man CDU wählen, so Bouffier.

Ein großer Beifall bricht aus und der Ministerpräsident hat Mühe Angela Merkel anzukündigen.
Merkel betritt das Rednerpult und ruft die Wählerinnen und Wähler zur Verantwortung auf, die sie bei der Wahl am 22. September haben. Sie wirbt für ein starkes Deutschland, wo die Stärken des Einzelnen gestärkt werden, damit Deutschland ein starkes Land bleibe. Sie meint auch, dass Bildung das höchste und wichtigste Gut sei, was wir besitzen. Dazu gehöre auch, dass jeder eine Ausbildung oder ein Studium machen solle, um später gutes Geld verdienen zu können.

Sie spricht auch die Finanzen an und präsentiert stolz, dass Deutschland noch vor acht Jahren fünf Billionen Euro Schulden hatte, jetzt stehe die Schuldenuhr „nur“ noch bei drei Billionen Euro. Sie meint, dass jedes Unternehmen ein Wagnis sei, egal ob mittelständisch oder groß. Jeder Gewinn, der in einem Unternehmen erzielt werde, sei ein Gewinn für Deutschland.

Sie erklärt auch den Unterschied zwischen einem gesetzlichen flächendeckenden und einem tariflichen Mindestlohn. Die CDU/CSU wolle einen Mindestlohn, der von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden geregelt werde und dann für eine bestimmte Branche gültig sei. Ein gesetzlicher Mindestlohn sei ungerecht, da ein Arbeiter für weniger anspruchsvolle Arbeit genauso viel Geld bekäme wie jemand, der anspruchsvollere Arbeit leiste. Sie sagt auch, dass der Wohlstand Deutschlands vom Export, also dem Verkauf von Waren ins Ausland, abhänge.

Sie spricht auch den demographischen Wandel an und meint, dass Alt und Jung gut zusammenhalten müssten, denn die Alten seien von den Jungen abhängig – genauso wie die Jungen von den Alten.

Sie betont immer wieder, dass Deutschland keine Schulden mehr machen, sondern sie ab 2015 zurückzahlen solle. Außerdem befürworte sie Bouffiers Klage vor dem Bundesgerichtshof wegen des Länderfinanzausgleichs. Deutschland solle seinen Vorsprung in Europa und der Welt behalten, denn der Fortschritt sei die Kraft Deutschlands. Deutschland sei der wirtschaftliche Motor, denn Arbeit schaffe Wohlstand,  so Merkel. „Der Euro ist der Garant, dass wir nicht auseinanderfallen.“ Wenn der Euro stabil sei, wirke sich das auf Deutschland gut aus. Jeder Staat sollte aus eigener Kraft es schaffen wieder auf die Beine zu kommen; damit meint sie, dass durch nötige Reformen der Euro und die wirtschaftlich labilen Staaten wieder eine gute wirtschaftliche Zukunft haben. Vor noch nicht allzu langer Zeit habe auch Deutschland so eine Krise gehabt. Doch Deutschland habe es damals alleine auf die Beine geschafft. Das sollen jetzt auch die anderen Staaten schaffen.

Europa sei eine Insel der Toleranz, sagt Merkel und sie findet es toll, dass niemand wegen seiner Meinung, seiner Religion oder seiner sexuellen Orientierung in Europa ins Gefängnis komme. Deshalb sei sie auf Europa und die EU stolz. Außerdem meint sie, dass jeder selbst bestimmen könne, was er ist und was er macht und spricht sich damit gegen den Veggieday aus. Am Ende ihrer Rede bittet Merkel die Wähler, beide Stimmen der CDU zu geben.

Nachdem Merkel ihre Rede beendet hat, wird noch die Nationalhymne gesungen. Die Menschenmasse löst sich auf. Dann ist Schluss.

Von Moritz Schumacher und Felix Schnurr