Wir haben  Herrn Lilie gefragt,
was für ihn Weihnachten bedeutet


Herr Lilie, was bedeutet Weihnachten für Sie?
Weihnachten ist für mich eine der wichtigsten Zeiten im Jahr. Geht es für mich als Pfarrer und Christ in erster Linie darum, dass Christus geboren wurde. Und das muss bei mir persönlich ankommen und mein Herz erreichen. Also ist Weihnachten für mich eine Zeit, in der ich besonders darauf achte, dass die vielen frommen Worte auch eine Bedeutung haben. Ich möchte gerne, dass Christus zu mir kommt.

Wie verbringen Sie Weihnachten?
Ja, in einer Pfarrersfamilie ist das sicherlich ein wenig anders. Das liegt einfach daran, dass man auch Dienst hat. Das ist bei mir jetzt nicht so der Fall, da ich ja Schulpfarrer bin. Aber meine Frau ist Gemeindepfarrerin. In der Weihnachtszeit wird alles auf die Gottesdienste abgestimmt. Der Heilige Abend beginnt damit, dass ab 16.00 Uhr Gottesdienste sind, vier hintereinander. Das bekommt zwar die Gemeinde so nicht mit, aber für die Pfarrer ist das so. Dann ist es erst gegen 21.30 Uhr bis wir für uns sind und dann singen wir noch einige Weihnachtslieder, die uns wichtig sind. Wir feiern eine Art Liturgie bis wir dann in das Weihnachtszimmer gehen, eine Kerzenfeier halten und Gott bitten, dass er zu uns kommt. Dann kommen die eigentlichen Weihnachtsfeiertage, wo dann auch jeden Morgen zwei Gottesdienste sind.

Schmücken Sie an Weihnachten auch einen Tannenbaum?
Das Schmücken ist Sache meiner Frau (lacht). Nein, sie hat gesagt, dass sie das machen möchte und dass ihr das auch ganz wichtig ist. Und meiner Tochter natürlich auch. Ich werde herumgescheucht. „Kauf dies und hol jenes und du musst auch daran denken…“, das ist dann mein Job. Das ist das erste Weihnachtsfest, das wir ohne unsere Tochter verbringen. Das wird sicherlich schwierig für uns, weil meine Tochter in Mexiko ist und Weihnachten dort verbringt.

Und gibt es auch ein spezielles Weihnachtsessen?
Mhh… da muss ich mal ganz praktisch zurückfragen. Könnt ihr euch vorstellen, dass wir noch Zeit haben uns an den Herd zu stellen, wenn ab 16.00h Gottesdienste sind? Weihnachten ist das Essen immer etwas bescheiden, weil wir nicht auch noch so viel Zeit darauf verwenden wollen in der Küche zu stehen. Ich möchte einfach das tun, was für mich am Wichtigsten ist und nicht stundenlang in Bratendüften stehen. Und am 2. Weihnachtstag hat sich das so eingebürgert, dass wir mit Freunden zusammen kochen.

Haben Sie einen Weihnachtswunsch? Vielleicht irgendeine materielle Sache?
Nein, wir schenken uns zu Weihnachten untereinander generell nichts. Unserer Tochter selbstverständlich schon, die soll nicht darauf verzichten. Ich wünsche mir, dass ganz, ganz viele Menschen an Weihnachten etwas von Christus erfahren. Dass er zu ihnen kommt und sie zu ihm, das wünsche ich mir wirklich.

Worauf könnten Sie an Weihnachten niemals verzichten?
Ich kann auf alles verzichten, was mit Baum und Schmuck zusammenhängt, aber auf einen Gottesdienst nicht.

Wie bereiten Sie sich auf Weihnachten vor?
Gottesdienste! (lacht) Natürlich denke ich daran, was ich meinen Kindern zu Weihnachten schenke. Aber meine Frau und ich schenken uns ja schon lange nichts mehr.

Hat Weihnachten für Sie als Kind etwas anderes bedeutet als heute?
Nein, eigentlich gar nicht so sehr. Meine Eltern sind zwar keine Pfarrer, aber wir sind immer zusammen in den Gottesdienst gegangen und dann gab es halt die Bescherung und am 1. Weihnachtsfeiertag sind wir auch wieder in den Gottesdienst gegangen. Meine Eltern haben ein anderes Verhältnis zum christlichen Glauben als ich, das muss ich schon sagen, aber auf diesen Ablauf wollten sie nicht verzichten. Ihnen war wichtig, dass mein jüngerer Bruder und ich das so mitbekommen.

Hat Weihnachten für Sie früher etwas anderes bedeutet? Waren für sie früher Geschenke z.B. wichtiger als der Glaube?
Nein, das kann ich so nicht sagen. Das ist eine wichtige Frage, die ihr stellt. Gute Frage, darüber habe ich noch nie nachgedacht (sehr nachdenklich), die habt ihr euch wirklich gut überlegt, die Frage, die frisst mich jetzt. Nein, das hat sich nicht geändert, das hat sich vertieft. Es war für mich immer das geheimnisvollste überhaupt in der Heiligen Nacht in den Gottesdienst gehen zu dürfen und das mitzuerleben. Das habe ich schon als ganz kleiner Junge geliebt. Das ist nicht „normal“, ich weiß (lacht). Ich habe mich ja auch über Geschenke gefreut, so ist das ja nicht.

Hatten Sie einen Adventskalender, um die Wartezeit zu verkürzen?
Ja, ja hatte ich. Haben wir jetzt auch noch. Übrigens aber ohne Schokolade. Das ist jetzt einer, der hat Türchen mit Bildern oder biblischen Sprüchen.

Eine Frage zu ihrem Beruf. Ich meine, die Weihnachtsgeschichte ändert sich ja nicht. Wie gestalten sie sie jedes Jahr wieder interessant?
Muss ich eigentlich die aufregendste Botschaft der Welt neu gestalten? Das ist eigentlich nicht meine Sache. Ich versuche die Weihnachtsgeschichte natürlich immer so zu erzählen und so darzubieten, dass die Leute verstehen, dass sie die wichtigste Geschichte der Welt ist. Wir suchen in der Gemeinde jedes Jahr ein neues Krippenspiel aus, weil wir hoffen, damit Menschen zu erreichen.
Übrigens finde es auch ganz erstaunlich, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher am Heiligen Abend immer mehr steigt. Da sehe ich Leute, die habe ich Monate vorher nicht gesehen, ganz eigenartig, und es werden immer mehr. Das letzte Mal standen die Leute sogar vor der Kirche, sie haben überhaupt nichts mehr mitbekommen. Aber sie waren da! Irgendwas verbinden sie damit, und das ist natürlich eine Herausforderung.

Glauben sie, dass die Weihnachtsgeschichte noch richtig verstanden wird?
Nein, wird sie nicht. Das wissen wir doch alle. Fragt die Leute auf der Straße ob, die Weihnachtsgeschichte von den Gebrüdern Grimm ist und dann fangen manche tatsächlich noch an zu überlegen, ob das denn sein könnte. Ja, ihr seid Ursulinenschüler, euch passiert das nicht, aber auf der Straße? Falsch verstanden wird die Weihnachtsgeschichte mit Sicherheit. Die Geschäftswelt tut ja auch richtig was dafür, dass sie falsch verstanden wird.

Glauben Sie, dass bei dem ganzen Weihnachtschaos der Glaube zu kurz kommt?
Natürlich kommt der Glaube zu kurz, aber andererseits sehe ich doch, dass die Leute Sehnsucht haben. Die haben doch Sehnsucht nach Frieden und nach Familie, nach Gott. Auch wenn sie das vielleicht nicht in diese Worte kleiden würden. Es fehlt ihnen doch etwas.

Was halten Sie vom blond gelockten, weiblichen Christkind mit Engelsflügeln und dem Weihnachtsmann?
Der Weihnachtsmann ist von Coca-Cola erfunden, das wissen wir doch mittlerweile. Ja, das hat ein schwäbischer Graphiker im 19. Jahrhundert, als er in die USA auswanderte mitgebracht und das kam dann zu Coca Cola und die haben das dann bereitwillig aufgenommen. Sie haben daraus eine riesige Werbeangelegenheit gemacht und man muss sagen, das hat funktioniert. Zwar nicht im christlichen Sinne, aber im wirtschaftlichen Sinne haben sie einen riesigen Erfolg gehabt. Natürlich halte ich nichts vom Weihnachtsmann und achte auch darauf, dass man ihn bitteschön nicht mit dem Nikolaus verwechselt. Das sind zwei völlig unterschiedliche Gestalten und welcher davon der wichtigere für mich ist, brauche ich euch nicht zu sagen.

Danke für das Interview.

von Maureen Henkel und Julia Leitherer